Zyniker:innen behaupten, dass Daten die Währung des 21. Jahrhunderts sind und damit haben sie gar nicht so unrecht. Zahlreiche Unternehmen streben mittlerweile danach, möglichst viele Daten ihrer Kundschaft aber auch ihrer Zulieferer sowie Verhaltensweisen von Website-Besucher:innen zu sammeln.
Wieso immer mehr Firmen sich mit ihren Daten befassen und was das mit Gebissreiniger zu tun hat, darauf liefert uns der Begriff Big Data eine Antwort. Wir verraten dir, was es damit auf sich hat und das Thema Unternehmen dabei hilft, neue Erkenntnisse über Potenziale und Effizienz zu gewinnen.
Was bedeutet Big Data?
Der aus dem Englischen stammende Begriff Big Data beschreibt den wachsenden Trend in Unternehmen, enorme Datenmengen aus unterschiedlichsten Quellen zu sammeln und letztlich sinnvoll zu verarbeiten und zu analysieren. Damit das, was wir in einer Excel-Datei mit wenigen Zeilen und Spalten ohne Probleme umsetzen können, auch mit gigantischen Datenmengen funktioniert, benötigt es jedoch etwas mehr.
Aus diesem Grund betrachtet man im Zusammenhang mit entsprechend großen Datenmengen drei wesentliche Aspekte, die später bei der Verarbeitung der Daten essenziell sind. Sie klären, woher die Daten stammen, wie viele es sind und in welcher Geschwindigkeit sie verarbeitet werden müssen.
- Variety
- Velocity
- Volume
Variety beschreibt dabei die Vielfalt und Struktur, in der Daten einem Unternehmen vorliegen können. Ein Video enthält schließlich jede Menge Informationen, die jedoch technisch nicht wirklich interpretiert werden können, sondern nur von den Betrachter:innen verarbeitet werden. Auch Bilder und Texte stellen natürlich Daten dar, die in unzähligen Gigabyte vorliegen, doch in ihrer Gesamtheit können sie von Unternehmen meist nicht verwertet werden.
Velocity befasst sich mit der Geschwindigkeit, in der Daten verarbeitet werden müssen. Dies kann in einigen Fällen viel Zeit in Anspruch nehmen, in anderen jedoch bedarf es nicht mehr als Bruchteile einer Sekunde. Man denke an autonom fahrende Autos von Tesla, die über hunderte von Sensoren das Verkehrsgeschehen aufnehmen müssen. Ein weiteres Beispiel: Scrollst du durch Social Media Feeds, werden dir laufend Inhalte unter die Nase geschoben, die nach Möglichkeit gut zu dem passen, was du dir aktuell gerne ansiehst, anklickst oder kommentierst.
Dazu benötigt etwa Facebook gigantische Datenmengen, die dein bisheriges Verhalten bei Video-, Bild- und Text-Postings beschreiben. Dennoch schafft es der Social-Media-Gigant innerhalb von Millisekunden jene Inhalte zu liefern, mit denen du am wahrscheinlichsten interagieren wirst.
Volume beschreibt die vorliegende Datenmenge, die es zu verarbeiten gilt. Abhängig von dieser und den ersten beiden Aspekten - Velocity und Variety - ergibt sich die Rechenleistung, die erforderlich ist, um die Analyse und Verarbeitung der Daten effektiv umzusetzen.

Was genau macht man denn dann mit all den Daten und wofür ist das in der Praxis gut? Nun, Daten sind nur dann wertvoll, wenn wir Informationen aus ihnen gewinnen können und das führt uns zur Analyse.
Big Data Analyse mit Aha-Effekt
Erfolgreiche Unternehmen sind ständig bestrebt, ihre Prozesse zu optimieren. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich das auch noch ohne Big Data bewältigen, doch spätestens, wenn die Informationsflut zu groß wird, besteht die Gefahr, Zusammenhänge zu übersehen oder falsch zu interpretieren.
Wie Big Data Gebiss-Brausetabletten als Fahrradketten-Reiniger entlarvte
Auf Anhieb wären wir uns wohl einig, dass Gebissreiniger im Supermarkt das ganze Jahr über im gleichen Maße erworben werden. Möchte ein Hersteller dieses Produktes also den Lagerbestand optimieren, wird er die Ware regelmäßig von Januar bis Dezember nachbestellen. Doch entgegen der Erwartung eines namhaften Herstellers sind die Produkte gerade im Frühling sehr häufig vergriffen und das Bestellaufkommen steigt an.
Eine Big Data Analyse hat über die Jahre eine Korrelation zwischen sonnigen Tagen und erhöhtem Absatz des Produktes aufgedeckt. Was? Ja genau, das konnte sich der Hersteller erst auch nicht erklären. Daher wurden an sonnigen Tagen Personen vor Supermärkten befragt, ob sie dieses Produkt kennen, nutzen und - falls ja - wieso sie es gekauft haben. Und tatsächlich konnte das Rätsel gelöst werden, denn eine unerwartete aber häufige Antwort lautete: „Das Mittel eignet sich hervorragend zur Reinigung von Fahrradketten nach dem Winter.”
Du siehst also einerseits, dass es ohne Big Data eher unwahrscheinlich gewesen wäre, den Zusammenhang zwischen Sonnenschein und Gebissreiniger herzustellen. Andererseits ist es im nächsten Schritt essenziell, aus den gewonnenen Zusammenhängen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Seit dieser Erkenntnis weiß der Hersteller, wann er seine Produktion hochfahren muss und wann in etwa mit erhöhtem Bestellaufkommen zu rechnen ist.
Wie du siehst, liefert Big Data Antworten auf Fragen, deren Antwort ohne das Sammeln von Daten und deren professioneller Auswertung, nicht möglich wären. Werfen wir daher einen Blick darauf, wie du Big Data für dich und dein E-Commerce Unternehmen nutzen kannst. Wie funktioniert die Technologie und was benötigst du, um damit erfolgreich zu sein?
Technologien im Bereich Big Data
Eines Vorweg: Der Umgang mit derart großen Datenmengen sowie ihre Interpretation erfordern Erfahrung und spezielles Know-How. Wir empfehlen dir daher, eine:n Daten-Analyst:in oder ein:e Business-Intelligence-Spezialist:in für dein Big Data-Projekt anzustellen oder extern zu beauftragen. Denn auch der Umgang mit der zugehörigen Technologie will gelernt sein.
So zahlreich die Anbieter auch zu sein scheinen, wirst du bei näherer Recherche immer wieder über einige Namen stolpern. Tatsächlich sind es eine Handvoll Anbieter, die hier die Entwicklung vorantreiben und seit Jahren vorne mit dabei sind. Apache ist einer dieser namhaften Softwareentwickler mit Produkten wie Apache Hadoop, Apache Kafka oder Apache Spark. Weiterhin häufig empfohlen wird Infobright MySQL Engine oder auch Cloudera.
Das Prinzip ist immer das gleiche:
- Zunächst gilt es, sämtliche Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenzutragen. Es entsteht ein Berg an meist unstrukturierten Informationen, die schrittweise in ein Gesamtsystem integriert werden müssen.
- Als Nächstes werden die Daten möglichst strukturiert und sinnvoll aufbereitet an einem zentralen Ort gesammelt. Diese können Cloud-Lösungen oder auch lokale Speicher sein.
Schlussendlich folgt die Analyse. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Sämtliche Fragen, die du dir in deinem Unternehmen stellst, können mittels der Daten analysiert werden und dir dabei helfen, Entscheidungen zu treffen. Sind gewisse Daten, die du benötigst, nicht vorhanden, gilt es einen Weg zu finden, diese zu erhalten und ebenfalls in deine Datensammlung zu integrieren.
Dass es sich nicht nur in Hightech-Unternehmen lohnt, professionell mit Daten zu arbeiten, zeigen die zahlreichen Anwendungsgebiete. Diese reichen von Produktion über Vertrieb, bis hin zum Marketing, wo Big Data einen starken Hebel zur Effizienzsteigerung bietet.
Big Data im Marketing
Im Marketing dreht sich alles um den oder die Kund:in. Wer seine Kundschaft besser anspricht, gewinnt sie für sich und lässt die Mitbewerber hinterherhinken. Umso einleuchtender ist es, dass du als Firma bestrebt bist, möglichst viel über deine Zielgruppe zu wissen und so mehr Verkäufe und Gewinn pro geworbene:r Kund:in zu erzielen.

Stichworte wie „Dynamic Pricing” und „personalisierte Werbung” sind seit Jahren gängige Praxis vieler Online-Unternehmen und durch Big Data schöpfst du nun das brachliegende Potenzial aus. Als Unternehmen liegen dir Daten meist aus unterschiedlichsten Quellen vor, die sich nur schwer strukturiert vergleichen und miteinander verknüpfen lassen. Persönliche Daten deiner Kund:innen aus Bestellungen, ihr Nutzerverhalten auf deiner Website, ihr Suchverhalten auf Google oder die Erfolgsquote deiner Newsletter oder Rabattcodes.
Liegen diese Daten zentral und strukturiert vor, scheinen die Möglichkeiten im Marketing unendlich, denn deine Kund:innen erhalten genau das, was sie sehen möchten. Im Marketing nimmt Big Data also Einfluss auf den gesamten Marketing-Mix:
- Product (Produktentwicklung)
- Placement (Vertriebsstrategie)
- Pricing (Preisgestaltung)
- Promotion (Kommunikationsstrategie)
Aus der Gesamtheit der Daten lässt sich im Idealfall herausfinden, wie sich dein Produkt optimieren lässt. Welche Eigenschaften werden erwartet, welche Features sind entscheidend und welche eventuell nicht. Daten aus Bewertungen oder Reklamationen sowie Rücksendungen eignen sich hervorragend für solche Erkenntnisse, sofern sie entsprechend verarbeitet und interpretiert werden können.
Welche Vertriebskanäle funktionieren am besten, wo sind die Kosten für den Vertrieb im Verhältnis zum Ertrag am geringsten und wo ist die Conversion-Rate am höchsten? Wer seine Verkäufe und die Bedürfnisse seiner Kund:innen genau nachvollziehen kann, wird das Marketing Budget bestmöglich einsetzen können.
Die Preisgestaltung hingegen optimiert den Gewinn aus deinen Verkäufen. Wie reagieren Kund:innen auf Preiserhöhungen, wo liegt die Schmerzgrenze und lässt sich ein erhöhter Preis durch Rabatte oder Aktionen bei Kund:innen rechtfertigen? Sind Kund:innen, die über ein iPhone zu deinem Shop gelangen, weniger preisempfindlich oder sind deine Kund:innen aus der Schweiz vielleicht bereit mehr zu zahlen als Kund:innen aus Spanien? Die richtige Analyse mittels Big Data kann diese Fragen beantworten.
Auch ob Kund:innen über Facebook, Newsletter oder Werbepartner wie Affiliate-Programme durchschnittlich mehr Käufe erzielen, lässt sich gut auswerten. Welche Tageszeit ist am effektivsten, um Werbung für dein Produkt zu schalten und sind es eher Millennials oder Pensionist:innen, die auf deine Werbung reagieren? Ein Unternehmen, das die Antworten auf diese Fragen kennt, wird mehr Erfolg haben, als eines, dass sich nahezu im Blindflug bewegt und nach Bauchgefühl entscheidet und handelt.
Die Ära der datenbasierten Entscheidungsfindung
Unternehmen treffen täglich unzählige Entscheidungen, die zu ihrem Erfolg oder Misserfolg beitragen. Sich dabei immer nur auf das Bauchgefühl oder die gesammelte Erfahrung zu stützen, kann zu Fehlern führen, die du als Unternehmer:in vermeiden solltest. Mittels Big Data und der zugehörigen Analyse ist es dir möglich, auf eine enorme, von vielen bisher ungenutzte, Datenmenge zuzugreifen und diese auch noch in Echtzeit und automatisiert zu analysieren.
Anwendungsfelder für Big Data finden sich überall, ob Verkehrsdaten auf Navigationssystemen, im Flugverkehr, in der Wissenschaft oder wie wir gesehen haben, auch im Marketing. Big Data greift weiter um sich und ist längst nicht mehr nur bei großen Tech-Konzernen im Einsatz. Insbesondere die Stärken in der automationsgestützten Erkenntnisgewinnung aus Daten, die viele Unternehmen noch ungenutzt lassen, macht das Thema für die Strategie-Entwicklung beliebt. Big Data gehört damit zu den Top 5 Trends im E-Commerce 2021.
Du möchtest das Beste aus deinen Daten herausholen und so für mehr Effizienz in deinem Unternehmen sorgen? Plane deinen Einstieg in das Thema Big Data und lasse dich im Idealfall von erfahrenen Consultants beraten, damit auch dein Unternehmen bald schon „Gebissreiniger-Aha-Momente“ erlebt :-).
Titelbild von ThisIsEngeneering. Weitere Bilder von cottonbro und Polina Zimmermann.