Es ist das Thema unseres Jahrhunderts. Kaum ein Unternehmen kann es sich verkneifen, uns zu erzählen, wie nachhaltig seine Produkte und Prozesse sind und wie viel wir zur Schonung unserer Umwelt beitragen, wenn wir ihre Kund:innen werden. Greenwashing nennt man diese PR- und Marketingmaßnahmen, mit denen selbst die größten Umweltsünder unter den Unternehmen, um umweltbewusste Kund:innen werben, als gäbe es kein Morgen.
Doch was ist dran am nachhaltigen Image? Spielt es für Online-Händler:innen überhaupt eine Rolle und wenn ja, wie positionierst du dich im E-Commerce als nachhaltiger Anbieter? Warum auch du auf Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen setzen solltest und wie du ökologische Strategien für dein Business umsetzt, erfährst du in diesem Beitrag.
Wie definiert sich Nachhaltigkeit für Unternehmen?
„Eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht die Befriedigung der Gegenwart, ohne dabei die Zustände zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen.“
Diese Definition stammt aus dem knapp 250 Seiten umfassenden Brundtland-Bericht, einem Bericht mit dem Titel „Our Common Future („unsere gemeinsame Zukunft“), veröffentlicht von der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen. Darin wurde untere anderem das Drei-Dimensionen-Modell der Nachhaltigkeit präsentiert. Es soll verdeutlichen, dass Nachhaltigkeit nie alleine aus Sicht der Gesellschaft, Wirtschaft oder Umwelt zu betrachten ist, sondern stets alle Bereiche integrieren muss, um zu funktionieren.

Das Drei-Dimensionen-Modell der Nachhaltigkeit zeigt, dass Nachhaltigkeit stets Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft gleichermaßen integrieren muss
Kenne deinen ökologischen Fußabdruck
Der ökologische Fußabdruck umschreibt die Auswirkungen deines Unternehmens auf die Umwelt und Gesellschaft. Wichtig ist, zu verstehen, dass nicht nur das Produkt, das du verkaufst, eine Rolle spielt, sondern dass dein Handel als Ganzes betrachtet werden.
Bevor du die Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen steigern kannst, ist es deswegen erforderlich sämtliche Bereiche hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Mensch und Umwelt zu analysieren. Um dir ein erstes Gefühl dafür zu vermitteln, wie weitreichend diese Überlegungen gehen sollten, haben wir die relevantesten Bereiche im E-Commerce für dich zusammengetragen.
- Produktion und Lieferanten
- Logistik zwischen Produktion und Warenlager
- Warenlieferung an die Endkund:innen
- Nachhaltigkeit am Unternehmensstandort (Energiekosten, Abfallmanagement, etc.)
- Verpackung und Retourenmanagement
Welche Maßnahmen kannst du umsetzen, um Nachhaltigkeit zu fördern und in deinem Unternehmen zu verankern?
Wirf einen Blick auf die Umweltbilanz deiner Produkte
Natürlich ist nicht jedes Produkt zu 100 Prozent nachhaltig, das ist es auch nicht was Kund:innen erwarten. Wichtig ist, dass du dich mit der Thematik des Umweltschutzes auseinandersetzt und dein Produkt die geringstmögliche Auswirkung auf die Natur hat. Damit begeisterst du deine Kund:innen und verschaffst dir zugleich einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.
Kuns:innen möchten sich mit den Produkten aber auch den dahinterstehenden Unternehmen identifizieren können. Um alle Antworten rund um die Umweltbilanz deiner Produkte beantworten zu können, müssen folgende Fragen gestellt werden:
- Aus welchen Stoffen bestehen meine Produkte und enthalten sie recyceltes Material?
- In welchem Land werden sie produziert?
- Wie erfolgt die Lieferung (per Schiff, auf Schienen, per Flugzeug oder Laster?)
- Wer produziert und welche Arbeitsbedingungen herrschen an der Produktionsstätte?
- Woraus besteht die Produktverpackung und wo wird sie produziert?
Es kann durchaus sein, dass du die Antworten auf diese Fragen nicht sofort bei der Hand hast, das ist auch in Ordnung. Setze dir jedoch als erstes Ziel, diese Informationen einzuholen und binde externe Dienstleister dabei ein.
Nachhaltige Produkte – die Ergänzung in deinem Sortiment
Natürlich lässt sich nicht jedes Produkt mit einer vertretbaren Umweltbilanz produzieren und verkaufen. In machen Fällen kann es deswegen eine Option sein, alternative Produkte anzubieten oder die Bilanz durch Maßnahmen in anderen Bereichen aufzubessern. Zusätzliche, nachhaltigere Produkte und Engagement im Umweltschutz können dir sowohl Gewinne als auch neue Kund:innen und Zielgruppen einbringen und ist somit definitiv eine Überlegung wert.
Einerseits machst du deutlich, dass dein Unternehmen sich Gedanken zum Thema Umwelt macht. Auf der anderen Seite erweiterst du dein Produktportfolio und erkennst mögliche Trends, Vorlieben deiner Kund:innen oder vielleicht tatsächlich Produkte, die eine höhere Marge zulassen. Das Umweltbewusstsein erkennt man jedoch nicht nur an den Produkten eines Unternehmens.
Verankere Nachhaltigkeit in deiner Unternehmenskultur
Unter Unternehmenskultur versteht man die Summe der Werte und Normen eines Unternehmens, auch abseits der direkten Geschäftsprozesse. Sie bestimmt die grundlegende Einstellung und das Verhalten von Mitarbeiter:innen sowohl intern als auch nach außen hin.
Dennoch ist sie für viele etwas schwer Greifbares. Die Unternehmenskultur entsteht zum einen durch klare Vorgaben der Führungskräfte und zum anderen durch Mitarbeiter:innen, die sich mit dieser Kultur identifizieren können, ihre Werte annehmen und sie täglich leben.
Im Folgenden haben wir einige Beispiele zusammengefasst, in denen sich die Unternehmenskultur widerspiegeln kann.
Kommunikation: Viele Unternehmen formulieren ein Firmenleitbild, indem es sich anbietet, Nachhaltigkeit zu verankern. Auch in Veranstaltungen wie Mitarbeitermeetings können solche Themen aufgegriffen werden. Mitarbeiterzeitungen oder aber Ideenwettbewerbe zur Steigerung der Nachhaltigkeit sind ebenfalls oft eingesetzte Mittel zur Kommunikation der Unternehmenswerte.
Firmenevents und Aktivitäten: Wird der Zusammenhalt stark forciert und gemeinsame Aktivitäten regelmäßig eingeplant oder ist die Atmosphäre von Konkurrenzdenken und Leistungsdruck geprägt?
Durch gemeinsame Aktivitäten und ein Vorleben der Unternehmenswerte bringst du Mitarbeiter:innen dazu, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wenn es darum geht mehr Nachhaltigkeit ins Unternehmen zu bringen
Abfallmanagement: Auch das ist ein Bereich, indem ein Unternehmen klare Statements hinsichtlich seines Umweltbewusstseins setzen kann. Gerade im E-Commerce ist es beispielsweise recht einfach, ein papierloses Büro umzusetzen.
Förderungen & Vergünstigungen: Werte, für die das Unternehmen einsteht, kann es auch an seine Mitarbeiter weitergeben. Beispielsweise können Lösungen gefördert und angeboten werden, die die eigene Unternehmenskultur widerspiegeln: kostenlose Jahrestickets für öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradabstellplätze oder die Bereitstellung von Trinkwasserspendern, anstelle von Plastikflaschen, sind nur einige von vielen möglichen Maßnahmen.
Mitarbeiter:innen & Partnerunternehmen: Deine Mitarbeiter:innen repräsentieren dein Unternehmen nach außen hin. Kommuniziert ein Unternehmen seine Werte klar, dann zieht es damit auch verstärkt Mitarbeiter:innen an, die sich mit diesen Werten identifizieren können. So wird auch im Unternehmenswachstum sichergestellt, dass die Grundwerte erhalten bleiben.
Gleiches gilt für Kooperationspartner oder Zulieferer. Gemäß dem Sprichwort: „Zeig mir deine Freund:innen und ich sag’ dir wer du bist“, musst du als Unternehmer:in auch deine Geschäftspartner hinsichtlich ihrer Werte im Blick behalten.
Arbeite mit nachhaltigen Unternehmen zusammen
Wie anfangs erwähnt, musst du die Herkunft und Produktionsbedingungen deiner Produkte erst bis ins Detail nachvollziehen können, bevor du an der Aufwertung deiner Umweltbilanz arbeiten kannst. Dazu gilt es sich mit Zulieferern und Dienstleistern auseinanderzusetzen.
Fordere Transparenz ein: Nicht immer ist klar, wie Umweltbewusst andere Unternehmen agieren. Als Geschäftspartner mit dem Interesse an einer guten Zusammenarbeit sollten dir deine Partner auf Fragen Rede und Antwort stehen. Diskutiere Sammellieferungen, Transportwege oder alternative Verpackungsmaterialien und erarbeite Lösungen, zur Verringerung deines ökologischen Fußabdrucks.
Wähle bewusst nachhaltige Partner: Wer stellt deine Produktverpackungen her und sind diese nachhaltig? Gibt es einen möglichst CO2-neutralen Dienstleister, um Bestellungen an Kund:innen auszuliefern? Wer ist der Energielieferant für deinen Unternehmensstandort und gibt es eventuell die Möglichkeit auf „grüne Alternativen“ zu wechseln?
Überprüfe einzelne Geschäftsprozesse auf ihre Umweltbilanz
Etwas, dass dir als Unternehmer:in im E-Commerce in Fleisch und Blut übergehen sollte, ist die laufende Überprüfung deiner Geschäftsprozesse. Besonders in einem so schnelllebigen Wirtschaftszweig wie dem Online-Handel ist das, was heute gängig ist, morgen vielleicht längst überholt.
Ein exzellentes Beispiel dafür hat einmal mehr Online-Gigant Amazon gebracht: Kürzlich wurde der „Amazon Day“ vorgestellt, der für Bestellungen von mehreren Produkten gleichzeitig, eine gesammelte Lieferung an einem Tag der Woche zum Ziel hat. Bei Millionen von Bestellungen hat dieser „kleine Trick“ ein gigantisches Potenzial, um Verpackungen, aber auch CO2, bei der Auslieferung zu reduzieren.
Ein weiterer Bereich in dem viel Potenzial zur Optimierung liegt, ist das Retourenmanagement. Sollen Rücksendungen weiterhin kostenfrei bleiben oder doch lieber kostenpflichtig? Entscheidest du dich für kostenpflichtige Rückgaben, könntest du eventuell einen Teilbetrag der Spesen an eine Umweltorganisation spenden? Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wenn du dir gezielt Zeit nimmst, dir der Rolle deines Unternehmens innerhalb des Nachhaltigkeitsdreiecks bewusst zu werden.
Gehe mutig voraus
Auch wenn deine Mitbewerber noch nicht so weit sind und lieber Greenwashing betreiben, als wirklich umweltschonend zu arbeiten, im Bereich Nachhaltigkeit darfst du durchaus mutig vorausgehen. Das Thema ist längst mehr als ein Trend und Unternehmen werden von Kund:innen tagtäglich auf die Waagschale gelegt und hinsichtlich ihres ökologischen Fußabdrucks bewertet. Sei daher kreativ, gehe neue Wege und biete Kund:innen, was sie dir vielfach zurückgeben werden – nachhaltige Zufriedenheit.
Photo by Margot RICHARD on Unsplash